Gefühle, Zustände und Emotionen – alles anders!
Bei meiner “Arbeit” als Therapeutin nehmen die Gefühle meiner Klientinnen oft eine essenzielle Rolle ein.
Wenn meine Klientinnen ihre vermeintlichen Gefühle benennen, dann handelt es sich dabei aber oft gar nicht um Gefühle, sondern um Emotionen. Oft beschreiben sie dabei auch Zustände, die aber auch gar keine Gefühle oder Emotionen sind. (siehe mein Blogartikel Angst ist kein Gefühl.)
Aber wie genau unterscheiden sich denn nun Gefühle, Emotionen und Zustände voneinander?
Gefühle beschreiben einen eher passiven Vorgang, etwas fühlen, was empfangen wird. Gefühle nimmst du in deinem Inneren wahr und sie werden oft auch von einer Körperreaktion, einer Körperwahrnehmung begleitet. Beispiele für Gefühle sind: Trauer, Wut, Eifersucht, Groll und Hilflosigkeit.
Keine Gefühle (aber umgangssprachlich häufig als solche einsortiert) sind Freude und Liebe. Genauso wie Angst, Angst ist auch kein Gefühl (s. Artikel).
Freude und Liebe sind Zustände oder besser gesagt Istzustände. Etwas, was wir nicht lernen können und nicht lernen müssen. Liebe ist. Freude ist. Freude ist unsere wahre Natur. Wenn alle notwendigen Bedürfnisse an Sicherheit, Geborgenheit, Nahrung und Wärme erfüllt sind, dann entsteht ganz automatisch aus unserem Innersten heraus ein ist Freudenzustand. Und dies ist schon bei kleinen Babys so.
Wir können als Menschen Freude fühlen, genauso wie Liebe, wir müssen Freude aber nicht lernen. Freude entsteht grundlos.
Als Erwachsene denken wir häufig, dass, wenn wir ein leckeres Croissant essen, wenn wir uns ein neues Kleid kaufen, dann bereitet uns das Freude. Doch ist die Freude in dem Croissant und dann erst in uns? Oder ist die Freude eigentlich in uns und wir könnten sie immer abrufen, auch ohne dafür Klamotten zu shoppen?
Gefühlen wie Trauer und Wut hingegen entstehen durch unser Erleben.
Durch Vorleben und Nachahmen lernen wir als Kinder wann welches Gefühl passen könnte.
Schon als Kleinkinder lernen wir durch das Beobachten unserer nahen Bezugspersonen, in der Regel sind das unsere Eltern, wann welches Ereignis mit welcher Reaktion gekoppelt wird. So entsteht unser innerer Gefühls-Fahrplan.
Wenn jemand stirbt, “dann ist man traurig“. Also verknüpft unser Innerstes, das bei Tod Trauer das adäquate Gefühl ist.
Wie war das bei dir? War Trauer erlaubt, durftest du traurig sein oder hast du Sätze gehört wie „ach sei doch nicht traurig“, wenn du nicht von Mama, sondern vom Babysitter abgeholt wurdest. Und eigentlich Mama sehen wolltest.
Wenn es um das Erspüren längst vergangener Gefühle meiner Klientinnen geht, ist das wichtigste Werkzeug für mich Resonanz.
Vor allem wenn es um Gefühle, Zustände oder Emotionen geht, ist es mein Job als Therapeutin jederzeit wahrnehmen zu können, ob ich bei der Arbeit mit meinen Klientinnen in Resonanz gehe. In Resonanz fühle ich nicht mein Gefühl ist, sondern das meiner Klientinnen.
Ein Fall aus meiner Praxis:
Die Freundin meiner Klientin, nennen wir sie Jana ist vor einer Weile gestorben. Auf meine Frage, was sie in diesem Zusammenhang fühlt, antwortet sie: “Ich bin traurig”.
Doch ist es wirklich das Gefühl der Trauer, welches bei ihr vorherrscht?
Während Jana mir ihre Geschichte erzählt, spüre ich in dem Moment keine Schwere, kein zähes Gefühl, keine Trauer, sondern ein Gefühl von Wut. Ich spüre, dass diese Wut nichts mit mir zu tun hat, sondern eine klare Resonanz auf meine Klientin ist. Wenn es in mir also bereits beginnt zu brodeln, dann muss Janas Wut schon echt groß sein.
Meine Klientin ist immer noch fest in der Annahme, dass sie gerade Trauer fühlt. Passt ja auch zu ihrem inneren Abgleich. Wenn jemand stirbt, dann ist „man“ traurig.
Sie denkt also das Gefühl. Sie spürt es gar nicht wirklich, sie fühlt sich (noch) nicht.
Ich frage Jana, wie es sich jetzt gerade in ihrem Körper anfühlt und nehme eine andere Wahrnehmungsebene mit rein. Sie spürt ihren Bauch nach etwas Zeit und Übung wie eine Faust im Bauch. Plötzlich fängt sie an zu erzählen, dass ihre Freundin ihre engste Vertraute war und sie nun so allein gelassen hat. Ja, da ist auch Trauer. Aber jetzt bekommt sie eine (auch körperliche) gefühlte Idee, dass sie eigentlich total wütend ist, dass sie sie allein gelassen hat. Was dann recht klassisch passiert: Sie fängt an zu relativieren. Ich kann doch nicht wütend auf sie sein, sie war ja krank, kann ja nichts dafür etc.
Bei meiner Klientin Jana schieben sich Scham und Schuld vor ihre Wut. Weil sie aus ihrer Kindheit zu Wut keine gute Verknüpfung hat. Wut war immer verpönt und oft war Liebesentzug eine Konsequenz ihrer Wut. In der Therapie bekommt Jana wieder Kontakt zu ihrer Wut. Nun dürfen in ihrer Trauer auch Tränen fließen und ihre Wut darf sich mit schreien, brüllen, schlagen, ausdrücken.
E-Motionen sind nach außen gerichtete, in Bewegung gekommene Gefühle.
E-Motionen „e“ steht für „ex“ nach außen gerichtet, „motio“ für Bewegung. Jana kann in der Therapiestunde mit mir erleben, dass ihr nichts Bedrohliches passiert, wenn sie wütend ist und diese Wut emotional ausdrückt. Sie kann ihre Wut neu integrieren. Nach diesem Prozess spürt Jana die Wut zu ihrer verstorbenen Freundin bewusster und erlaubt sie sich auch. Nachdem die Wut nun etwas in Bewegung gekommen ist (vom Gefühl zur E-Motion wurde), dürfen auch Tränen fließen und sie kann als echte Trauer fühlen. Der Verlust, der Schmerz konnte sich nun auch hier in Bewegung setzen.
Gefühle wollen gefühlt nicht gedacht werden.
Wenn du das nächste Mal meinst ein Gefühl zu fühlen, dann spüre doch mal in deinen Körper. Was fühlst du dort, wo und wie spürst du das Gefühl im Körper? Welchen Impuls spürst du im Körper? Gib diesen Impuls Ausdruck, sodass aus einem gefühlten Gefühl auch hier und da eine E-Motion wird. Als Erwachsene (mit gut integriertem Inneren Kind) können wir Emotionen Ausdruck geben, wenn diese sinnvoll angebracht sind. Und vor allem können wir Gefühle einfach fühlen und verbalisieren.
Wenn du eine Situation erlebst und sehr emotional reagierst, dann kannst du dir sicher sein, dass die Ursache viel früher in deiner Geschichte liegt. Und die Jetzt-Situation ist nur der Auslöser und triggert deine alte Wunde.
Dies sind alles Anzeichen, dass es Ereignisse in deiner Zellerinnerung gibt, dass du in Kindheitstagen nur zu einem gewissen Bereich von Gefühlen bekommen hast. Dass deren Ausdruck Emotionen, nicht erlaubt oder gern gesehen war und dir deshalb dieser Zugang heute fehlt. Nicht gefühlte und nicht ausgedrückte Gefühle können verschiedene Folgen haben. Vielleicht spürst du es als vermehrte Spannung in deinem Körper, häufige Entzündungen oder auch Stress und Ängste. Es lohnt sich also dem ganzen auf den Grund zu gehen, und (wieder) richtig in Kontakt mit dir selbst und deinem Fühlen zu können.
Wenn ich mit meinen Klientinnen mit Emotionen wie Wut arbeite, meldet sich oft das innere Kind, so auch bei meiner Klientin Jana. In der Therapie durfte ihr inneres Kind eine neue Erfahrung machen, es konnte im Innern etwas nachgenährt und so ihre Wut integriert werden.
In meinem nächsten Blogartikel erzähle ich dir mehr zum inneren Kind und warum es so wichtig ist, das Innere Kind in die Erwachsene von heute zu integrieren.
Du spürst, dass es an der Zeit ist dich auch endlich deinen Gefühlen und Emotionen zu widmen? Buche dir jetzt dein kostenfreies Erstgespräch. Gerne finde ich einen zeitlich passenden Termin für Dich!
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